Welche Rolle spielen kleine Gruppen im Alten und Neuen Testament?
Gemeinschaft ist ein zentraler Leitgedanke der biblischen Botschaft. Daher spielen kleine Gruppen eine wichtige Rolle in der gesamten Bibel, weil sie den Rahmen für ein Leben in Gemeinschaft bilden.
Schöpfung
Schon in der Schöpfungserzählung wird deutlich, dass der Mensch zur Gemeinschaft mit Gott und miteinander geschaffen wurde (1.Mose 1, 26-28; 1.Mose 2, 24). Dementsprechend ist die Familie als Basiseinheit der Gemeinschaft von zentraler Bedeutung (5.Mose 6, 6-7). Auf den Rat von Jitro, dem Schwiegervater von Mose, wurde das Volk Israel nach einem System von kleinen Gruppen organisiert, bei dem jede Leitungsperson nur für eine kleine Gruppe von Menschen zuständig war (2. Mose 18, 13–27).
Jesus
Jesus hat sich entschieden, das Fundament seiner Gemeinde auf einer kleinen Gruppe aufzubauen. Er lebte mit seinen zwölf Jüngern Gemeinschaft vor und teilte das Leben mit ihnen (Markus 3, 13-15). Die Apostel wurden im Kontext der Gemeinschaft mit Jesus und der Gemeinschaft in einer Kleingruppe ausgebildet. Dass Jesus genau diese Art des Lebens und der Ausbildung wählte, war sicher kein Zufall!
Erste Christen
In den ersten christlichen Gemeinden etablierten die Apostel kleine Gruppen als Basis des Gemeindelebens, da Jesus selbst ihnen diese Arbeitsweise vermittelt hatte. Apostelgeschichte 2,42–47 beschreibt die erste Gemeinde in Jerusalem und macht deutlich, dass sich das Leben der Gemeinde zum Großteil in kleinen Gruppen abspielte, die sich in Häusern trafen (Vers 46). Die Gesamtgemeinde einer Stadt bestand aus miteinander vernetzten Hausgemeinden (Römer 16, 3–5.10–11.14–15; 1.Korinther 16, 19; Kolosser 4, 15; Philemon 2).
Jesus lebt
Die Gemeinschaft der ersten Christen war zutiefst erfüllt von der faszinierenden Botschaft der Auferstehung von Jesus. Das Leben der Gemeinde drückte folgendes Bewusstsein aus: “Jesus lebt! Wenn wir miteinander Gemeinschaft pflegen, ist er ganz real bei uns; er wirkt durch seinen Geist an uns, in uns und durch uns.” So ist es kein Wunder, dass die ersten Christen jede erdenkliche Gelegenheit nutzten, um Gemeinschaft zu pflegen.
Jeder ist wichtig
Die gleiche Vorstellung vermittelt Paulus in seinem Bild von der Gemeinde als dem Leib von Christus (1. Korinther 12, 12–13). Er zeigt auf, dass jeder Gläubige durch den Heiligen Geist eine oder mehrere Gaben bekommen hat, durch die Gott wirken möchte (V. 7). Erst das Zusammenspiel der unterschiedlichen Gaben lässt die Gemeinde wie einen lebendigen Organismus funktionieren (V. 14–20).
Diese Vorstellung von der Gemeinde als Leib, in dem jedes Glied eine wichtige Rolle spielt, war grundlegend für das Leben und die Zusammenkünfte der Gemeinde. Deshalb schreibt Paulus: „Was folgt daraus für euch, Brüder und Schwestern? Wenn ihr zum Gottesdienst zusammenkommt, kann jeder und jede etwas dazu beitragen: ein Lied vorsingen oder eine Lehre vortragen oder eine Offenbarung weitergeben oder in unbekannten Sprachen reden oder die Deutung dazu geben. Aber alles muss dem Aufbau der Gemeinde dienen.“ (1. Korinther 14, 26 GNB)
„Einander“
Im Neuen Testament gibt es über 50 Textstellen, in denen der Begriff „einander“ vorkommt. „Liebt einander“ (Johannes 13, 34), „dient einander“ (Galater 5,1 3), „einer trage des anderen Last“ (Galater 6, 2), „tröstet einander“ (1. Thessalonicher 5, 11), uvm. Diese Bibeltexte machen deutlich, was tatsächlich gemeint ist, wenn die Bibel von Gemeinschaft spricht. Und das Ausleben dieser Einander-Stellen ist am leichtesten in kleinen Gruppen umsetzbar.
Gemeinde
Das neutestamentliche Gemeindemodell hat drei wesentliche Merkmale: Es ist christuszentriert, gemeinschaftsorientiert und gabenorientiert. Wenn man sich dieses neutestamentliche Gemeindemodell vor Augen hält, wird deutlich, warum sich das Leben der frühen Gemeinde in kleinen Hausgruppen abspielte. Schon in einer relativ kleinen Gemeinde von beispielsweise 30 Personen ist es kaum möglich, dass jeder etwas zum Gottesdienst beiträgt, so wie Paulus es beschreibt. In noch größeren Gemeinden mit 60, 80 oder mehr Personen wird es unmöglich.
Prinzip – nicht Methode
Gemeinschaft in kleinen Gruppen ist ein grundlegendes Element gesunder Gemeinden. Kleine Gruppen, in denen persönlicher Austausch, Offenheit und gegenseitige Unterstützung stattfinden, sind keine Methode, die man aus einem Arsenal verschiedener Ansätze passend zur eigenen Gemeindesituation wählen kann. Gemeinschaft in kleinen Gruppen ist ein Prinzip, das Gott in unser Mensch- und Gemeindesein hineingelegt hat.
Kleingruppen funktionieren
Die große Bedeutung von Gemeinschaft in kleinen Gruppen, die sich in der Bibel findet, wird auch heute bestätigt, wenn man sich lebendige und wachsende Gemeinden auf der ganzen Welt näher ansieht.
- Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Kleingruppen im Vergleich zu anderen Wachstumsfaktoren die höchste Auswirkung auf das Wachstum von Gemeinden haben.
- Weltweit werden 80 Prozent aller „neuen Christen“ in Verbindung mit kleinen Gruppen verzeichnet.
- Nahezu alle wachsenden Gemeinden, auch in Europa, arbeiten mit kleinen Gruppen.
- Der beziehungsorientierte, informelle Charakter von Kleingruppen ist gerade für postmoderne und säkulare Menschen viel ansprechender als andere kirchliche Angebote.
- Abgesehen vom missionarischen Potenzial sind Gemeinden mit kleinen Gruppen durch die Stärkung der Beziehungen in der Regel auch gesündere Gemeinden (NGE).